Lisa Fischer

Lisa Fischer
 

Sigmund Freud
Wiener Schauplätze der Psychoanalyse, Böhlau 2007


Träume sind die ersten Schritte in die Wirklichkeit. Freud und seine Kollegen haben sie gedeutet, geträumt wurden sie in erster Linie von Frauen. Im Wien der Gründerzeit waren die Strukturen dynamisch geworden. Vielfältige Konfliktbühnen forderten neue Instrumentarien zur Bestimmung des Subjekts. Die Spurensuche zu den Orten der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Psychoanalyse führt entlang von Traumpfaden der Veränderung. Vor allem Frauen phantasierten die Freiheit und wünschten den Aufbruch, drohten jedoch im Getriebe der unmodernen Moderne zu zerbrechen. Ohne die klugen aber traurigen, weiblichen aber finanzkräftigen Patientinnen hätte der Vater der Analyse seine Entdeckungen nicht machen können. Sie lieferten ihm Stoff, dienten als Studienobjekte und halfen die Technik der Psychoanalyse - z.B. der Rede-Kur - zu kreieren. Oft entwickelten sich Frauen wie Lou Andreas Salomé nach Abschluss der Analyse zu eigenständigen Expertinnen, die den Meister theoretisch im Dialog begleiteten, ihn wie Maria Bonaparte als Mäzenin und Übersetzerin förderten oder wie Anna Freud als Kronprinzessin das Erbe erfolgreich in die Zukunft führten. Die Beziehungen zu den männlichen Begleitern Freuds, wie Alfred Adler oder Josef Breuer laufen immer wieder entlang von Konfliktzonen und Abspaltungen.

In Rückbindung an die Geschichte der Psychoanalyse werden Tatorte aufgesucht, - Orte von Arbeitsfeldern, Irrtümern und Morden, von Missbräuchen bei denen viel Tränen und in manchen Fällen auch Blut geflossen ist. Die Schauplätze können über Geschichten ergangen werden, die über Hotels als Gastlogis, über Wohnungen sowie Denk- und Irrenanstalten bis hin zum Traum-Ort und den Sommerfrischen im Wienerwald führen. Die Topographie der Seele spielt an realen Räumen des Wirkens im Spannungsfeld von Kontrolle und Disziplinierung aber auch von Freiheitswünschen und Selbstbestimmung. Das Jahr 1938 markiert nicht nur eine brutale historische Zäsur sondern auch einen weiteren Schritt der nationalen Grenzüberschreitung.

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